Interkulturelles Projekt im Spanischunterricht - Mexiko kommt ein Stück näher nach Nordhessen

auf vorbild-schule.de

„Kulturunterschiede helfen, sich selbst zu erkennen.“

Beate Antonie Tröster (Kulturwissenschaftlerin)

Interkulturelle Kompetenz – das „Dilemma“ in meinem Unterricht

Interkulturelle Kompetenz soll im Fremdsprachenunterricht gefördert werden. Der Europäische Referenzrahmen sagt es, die Bildungsstandards weisen darauf hin und das Kerncurriculum greift es ebenfalls auf. Dazu sollen am besten authentische Lernsituation kreiert werden.

Wie bringt man jedoch Jugendlichen, die in ländlicher Region wohnen und für manche von ihnen eine mittelgroße Stadt 50 km entfernt schon eine weite Reise darstellt, das Interesse an der spanischen Sprache näher? Viele von diesen Jugendlichen verspüren wenig Ambitionen, die Gegend zu verlassen. Die Unternehmen im Umkreis sind natürlich international ausgerichtet, aber Englisch reicht als Fremdsprache aus. Die Motivation Spanisch zu lernen, hält sich bei den meisten Schülerinnen und Schülern vorsichtig ausgedrückt in Grenzen und ich kann es nachvollziehen. Die Sinnfrage, sich wirklich intensiv mit der Fremdsprache auseinander zu setzen, kann selten abschließend bei den Lernenden geklärt werden. Kurz gesagt, sie finden es wenig sinnvoll, eine zweite Fremdsprache lernen zu müssen, da sie eine Fachrichtung, wie Gesundheit, Technik oder Wirtschaftslehre gewählt haben.

Da stehe ich nun und möchte meinen Bildungsauftrag erfüllen. Interkulturelle Kompetenz fördern bedeutet Toleranz, Respekt und Akzeptanz für andere Kulturen bei den Jugendlichen zu erhöhen. Im Rahmen meines Unterrichts sollen sie sich mit Werten und Normen der fremden und eigenen Kultur auseinander setzen. Dabei sollen kreative Fähigkeiten gefördert und bedeutsame Situationen geschaffen werden. Es sollen Kulturen verglichen sowie jeder einzelne für eigene Vorurteile und stereotype Wahrnehmungen sensibilisiert werden. (Vgl. Plikat, Schröder, Wieland (2018): Die neuen Sprachen. Interkulturelle Kompetenz, S. 9ff. Vgl. Grünewald, Küster (2009): Fachdidaktik Spanisch, S. 213ff.)

Die Rahmenbedingungen

Das Kerncurriculum gibt folgenden Inhalt in der 12. Klasse im 2. Lernjahr vor: La vida rural frente a la vida urbana – Leben auf dem Land vs. Leben in der Großstadt. Dieser Inhalt ist an Metropole, wie zum Beispiel Mexiko geknüpft.

Das Projekt: Metrópolis – un proyecto de intercambio

Ich habe eine Schule in Ciudad de México mit einer tollen Deutschlehrerin namens Belinda vor einiger Zeit gefunden. Sie hat mich einmal sogar in Deutschland besucht. Seitdem machen wir immer mal wieder kleinere und größere Projekte zusammen. Dieses Mal wollten wir, dass sich die Schülerinnen und Schüler ihr Leben in ländlicher Region bzw. in der Großstadt beschreiben und sich gegenseitig vorstellen, wie sie sich das andere Leben vorstellen. Im Lerntandem haben sie sich die Texte ausgetauscht und korrigiert.

Eine mexikanische Schülerin hat einen geschriebenen Text meines Spanischlernenden korrigiert und sich dabei sehr viel Mühe gemacht.

Anschließend haben sie sich per Skype getroffen und über die Texte oder auch einfach so miteinander gechattet. Ein paar hatten den Mut zu telefonieren, aber die Kommunikation über Chat hat am besten funktioniert. Die meisten Tandempartner fanden sich per Skype, manche hatten auch mehrere Partner im anderen Land. Hier herrschte ein wohltuendes südländisches Chaos. Es war auf jeden Fall eine lockere Atmosphäre mit viel Freude im Klassenraum. Manche haben vier Monate nach der Aktion noch Kontakt und stellen sich kulturelle Fragen, erzählen sich über ihren Alltag und helfen sich auch im Spanisch- bzw. Deutschunterricht. Die Kommunikation läuft nach dem Skype Chat jetzt über whatsapp.

Die Texte haben wir mit WordPress veröffentlicht und ich habe andere Spanischkolleginnen und -kollegen, auch aus dem Twitterlehrerzimmer gebeten zu kommentieren. Einige haben das gemacht. Vielen Dank nochmal für diesen Einsatz. Die Schülerinnen und Schüler haben sich die Kommentare durchgelesen und geantwortet. Der Deepl Übersetzer war allgegenwärtig. Von daher bin ich vorsichtig zu sagen, sie haben wirklich ihre Sprachenkenntnisse verbessert, aber an der einen oder anderen Stelle konnten Vorurteile abgebaut, das Interesse an der mexikanischen und deutschen Kultur geweckt und eigene Werte erkannt werden.

Hier geht es zur Webseite!

Ich kann nur empfehlen, in meinem Fall die mexikanische Kultur in den Klassenraum zu holen, Jugendliche aus unterschiedlichen Ländern zusammen zu bringen und einen Austausch zu fördern. Die Texte zu schreiben wurden generell als eher nervig empfunden. Ein riesengroßes Aha-Erlebnis gab es bei der Korrektur der deutschen Texte von den mexikanischen Schülerinnen und Schülern. Denn meine Spanischlernende stellten fest, dass die Deutschkenntnisse der Mexikaner nicht besser waren als ihre Spanischkenntnisse. Beide Gruppen lernen seit 1,5 Jahren die Fremdsprache im Schulunterricht. Weiterhin haben sie während der Korrektur einiges über ihre eigene Sprache gelernt, manche haben den Text komplett neu geschrieben, andere haben nachgeforscht, was die mexikanischen Schülerinnen und Schüler mit den falsch benutzten deutschen Wörtern gemeint haben könnten. Viele stellten auch fest, dass Korrigieren gar nicht so einfach ist.

Das Skype Treffen wurde von allen sehr positiv empfunden und meine Lerngruppe wünscht sich eine Wiederholung.

Die Veröffentlichung ihrer Texte habe ich zu Beginn des Projektes angekündigt. Manche waren zunächst dagegen. Aus diesem Grund habe ich die Möglichkeit geschaffen, die Texte anonym zu veröffentlichen. Der erste Schritt war, überhaupt etwas zu veröffentlichen, was eben nicht 100% perfekt ist. Das hat einigen große Überwindung und viel Erklärungsbedarf von meiner Seite gekostet. Zum Schluss haben doch einige ihre Namen mit veröffentlicht und waren ganz interessiert, die Kommentare zu ihren Texten zu lesen.

Eine Audio-Aufnahme rundetet das Projekt ab, indem sie einen prägnante Satz aus ihrem Text übten und aufnahmen. Diese Aufnahme findet man ebenfalls auf der Webseite.

Welche Projekte hast du schon im Fremdsprachenunterricht umgesetzt, um die interkulturelle und kommunikative Kompetenz zu fördern? Ich freue mich auf deine Ideen.

Unterschrift Anne

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