Es ist 8.05 Uhr in der Früh. Der Unterricht beginnt. Klaus hat in den ersten Stunden Spanischunterricht. Zum Thema Konsumgesellschaft möchte er ein aussagekräftiges Bild suchen, es auf Spanisch beschreiben und interpretieren. Die Ergebnisse soll er in sein E-Portfolio einstellen. Er macht sich an die Arbeit, findet bei der Google-Suche ein Bild, das ihn sofort anspricht, an dem er die positiven und auch negativen Dinge der Konsumgesellschaft erläutern kann. Gleichzeitig sind die Darstellungen so einfach gehalten, dass er es auf Spanisch in seinem zweiten Lernjahr gut beschreiben kann. Er freut sich, dass er so schnell ein so brauchbares Bild gefunden hat.
Zum Schluss stellt er alles ins E-Portfolio und lädt auch das Bild hoch. Im E-Portfolio System Mahara muss er nur noch schnell ein Häkchen setzen und schon ist das Bild sichtbar. Mit dem Häkchen bestätigt er folgendes: Ja: Die Datei, die ich hochladen will, gehört mir oder ich habe die ausdrückliche Genehmigung sie zu benutzen. Meine Verwendung dieser Datei verstößt gegen keine Copyright Bestimmung. Die Datei entspricht ebenso den Nutzerbestimmungen dieser Website.
Eigentlich liest er das gar nicht so genau durch. Das Bild war schließlich in Google zu finden und damit frei zugänglich, denkt er sich.
Solche oder so ähnliche Situationen erlebe ich in meiner Lehrertätigkeit häufig. Mittlerweile mache ich mit den Schüler*innen kleine Mini-Unterrichtseinheiten zum Urheberrecht. Meine Schüler*innen sind in der Oberstufe und ihre Sensibilität für geistiges Eigentum hält sich oftmals sehr in Grenzen. Sie haben es bisher schlichtweg nicht gelernt. Wenn ich mit ihnen über das Thema Copyright, also Urheberrecht, spreche, kommen von ihrer Seite ungefähr solche Argumente:
Ich antworte dann oft, dass sie doch auch nicht einfach ein Buch, den Roller, das Fahrrad oder Motorrad von der Nachbarin nehmen, ohne zu fragen. Oder, dass sie auch nicht Gummibärchen im Supermarkt ohne zu Bezahlen nehmen, weil eigentlich niemand einen wirklichen Schaden hat, bei zwei Gummibärchen, die dann weg sind. Vielleicht hinken diese Vergleiche, machen aber deutlich, dass es im realen Leben ein anderes gefühltes Rechtsbewusstsein herrscht als im Netz. Und hier sind wir Lehrer*innen gefragt, eine Sensibilisierung zu schaffen, dass sie sich im Netz genauso wie im realen Leben verhalten. Das gilt dann auch für uns Lehrer*innen selbst.
Urheberrecht – was besagt das eigentlich?
§1 UrhG: Die Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst genießen für ihre Werke Schutz nach Maßgabe dieses Gesetzes.
§2 UrhG: (1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:
1. Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme; 2. Werke der Musik; 3. pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst; 4. Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke; 5. Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden; 6. Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden; 7. Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.
§7 UrhG: Urheber ist der Schöpfer des Werkes.
Diese Paragraphen besagen, dass die Werke, die jemand erstellt – Fotos, Bilder und Videos gehören definitiv dazu – geschützt sind. Pauschal geschützt. Sie gehören dem Eigentümer oder der Eigentümerin und alle Rechte sind ihnen vorbehalten. Sie brauchen es nicht gesondert zu kennzeichnen (§13 Satz 1 UrhG). Die Rechte sind automatisch bei den Schöpfern des Werkes.
Auch ein Schnappschuss oder nur das Kamera anmachen und einfach so filmen, gehört schon zu diesen Werken. Es bedarf eigentlich nicht sehr viel, um ein Werk zu erschaffen. Das bedeutet aber auch zunächst, dass alle Fotos, Bilder und Videos im Netz urheberrechtlich geschützt sind.
Selbst beim Abfotografieren eines Buchcovers und Veröffentlichen dieses Fotos verstößt man gegen das Gesetz. Das Buchcover ist eine kreative Erschaffung und gehört zum Werk dazu. Ich darf es zunächst einfach nicht so ins Netz stellen.
An diesen Beispielen erkennt man, wie schnell wir alle gegen das Gesetz verstoßen.
Generell gilt:
Verwende keine fremden Bilder ohne ausdrückliche Zustimmung des Rechtinhabers. Das Eigentum an digitalen Bildern ist genauso zu respektieren, wie das Eigentum an körperlichen Gegenständen, wie das Fahrrad und der Roller.
Nicht urheberrechtlich geschützt, sind Ideen und Konzepte. Diese kann man übernehmen. Genauso können Videos und Fotos von öffentlichen Personen ohne zu fragen gezeigt werden, wie zum Beispiel Angela Merkel. Auch Gesetze, Gerichtsurteile und andere amtliche Werke unterliegen in der Regel keinem urheberrechtlichen Schutz.
Und dieses Urheberrecht erlischt an Bildern erst 70 Jahren NACH dem Tod des Urhebers (§64 UrhG). Ist das nicht krass? Dem Gesetzgeber ist das Urheberrecht sehr wichtig.
Keine oder nur einige Rechte vorbehalten
Bedeutet das jetzt, das wir Lehrer*innen solche Lernsettings wie zu Beginn des Artikels beschrieben, gar nicht mehr kreieren dürfen? Da ist eine gesetzwidrige Handlung quasi mit inbegriffen.
Das wäre sicherlich die falsche Antwort. Meine Empfehlung dazu ist, als Vorbild zu agieren. Und immer wieder mit den Schüler*innen darüber diskutieren: Was steckt eigentlich hinter diesem Gesetz? Was sind überhaupt Gesetze? Warum gibt es sie? Was erfüllt das Urheberrecht für einen Zweck? Und welche Situationen kann ich mir vorstellen, bei denen ich über das Existieren des Urheberrechts froh bin?
Und ganz pragmatisch gibt es die Creative Commons Lizenzen. Es gibt viele Werke, deren Urheber gar nicht alle Rechte vorbehalten haben möchten und diese können sie durch die CC-Lizenzen erweichen. Sie können bestimmen, ob die Werke weitergegeben, verändert oder kommerzialisiert werden dürfen. Dabei kann man eingrenzen, ob der Name des Urhebers genannt wird oder nicht. Die freiste Lizenz ist die CC0 Lizenz, die besagt, dass alles mit dem Werk gemacht werden darf ohne den Namen zu nennen.
Schon während der Google-Suche kann man das einstellen. Wie du das machst, erfährst du hier im kurzen Tutorial von Björn Nölte (Referent Schulaufsicht der Ev. Schulstiftung in der EKBO):
Weiterhin gibt es Bilddatenbanken, die lizenzfreie Bilder anbieten. Das sind zum Beispiel: piqs.de, Wikimedia Commons, Pixabay.com (Sie weisen es nicht als CC-Lizenz aus, stellen Bilder aber zur freien kommerziellen Nutzung ohne Bildnachweis), Pexels.com, Splitshire.com, negativespace.co.
Eine Gefahr bei diesen Bilddatenbanken bleibt jedoch bestehen: Es gibt Nutzer*innen, die fremde Fotos als Eigene ausgeben. Dann läuft man in eine Falle, wenn man diese Fotos selber nutzt. Die tatsächlichen Urheber*innen sind manchmal nicht eindeutig erkennbar. Wenn auf den Fotos Personen zu sehen sind, die gar nicht zugestimmt haben, können wir auch Persönlichkeitsrechte verletzen. Also, auch bei Nutzung dieser Bilddatenbanken ist Vorsicht geboten.
Lasst uns das geistige Eigentum wertschätzen und die Rechte, die der Urheber uns Nutzern zur Verfügung stellt, respektieren. Es fängt wie bei so vielen Themen im Kleinen an. Wenn ein Bewusstsein dafür geschaffen wird, kann es zu einer Haltungsänderung führen. Und unser Schüler Klaus kann die Bildersuche souverän und gesetzeskonform lösen.
Was sind deine Tipps, um mehr Bewusstsein für das Urheberrecht zu schaffen? Ich freue mich auf deine Kommentare.
Quellen und Links
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