Der Digitalpakt - Medienbildung - Konzepte

auf vorbild-schule.de

Warum muss die Medienbildung in die Schule?

Schülerinnen und Schüler, die 2018/19 in die Schule gekommen sind, sollen die Medienbildung als festen Bestandteil des Curriculums erlernen. Bis diese Lernende bei mir in der Oberstufe ankommen, vergehen neun Jahre. Eine unglaublich lange Zeit!

Bisher entscheidet das Elternhaus, wer medienkompetent ist oder nicht.

„Bisherige Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass sich soziale Ungleichheiten auch im Kontext der kompetenten Nutzung von neuen Technologien zeigen. Im Hinblick auf das Bestreben, Kindern und Jugendlichen Kompetenzen zu vermitteln, die ihnen eine selbstständige und selbstbestimmte Zukunft ermöglichen, rücken diese Kompetenzen auch unter dem Aspekt der Chancengerechtigkeit weiter in den Vordergrund. Seit Ende der 1990er Jahre wird daher das bildungspolitische Ziel verfolgt, eine digitale Spaltung zu verringern – die sich z.B. durch soziale Ungleichheiten im Zugang zu und in der Nutzung von digitalen Medien manifestiert.“

https://www.waxmann.com/fileadmin/media/zusatztexte/ICILS_2013_Berichtsband.pdf,
S. 266

Wie schaffen wir es, die Medienbildung in den Schulen flächendeckend, systematisch und lehrerunabhängig zu etablieren?

Die Fakten

Auf der Medienbildungsmesse 2019 in Frankfurt sowie auf der Informationsveranstaltung Digitalpakt des Hessischen Kultusministerium in Fritzlar habe ich zum Digitalpakt einige Fakten mitgebracht, die ich gerne hier zusammenfassen möchte. Diese Informationen beziehen sich auf Hessen:

  • In den nächsten fünf Jahren sollen alle hessischen Schulen ein Medienbildungskonzept haben.
  • In den nächsten zwei Jahren erhalten alle hessischen Schulen einen Zugang zum Schulportal, so dass sie dort die Schul- und Unterrichtsorganisation digital optimieren können. Das Land Hessen sichert Datenschutz zu. Die Einführung von Office365 für Lernende wird nicht unterstützt.
  • Es wird eine Qualifizierungsoffensive stattfinden: Mehr Fortbildungen in Medienbildung werden angeboten, so dass digitale Medien im Fachunterricht sinnvoll eingesetzt werden können.
  • Der Ausbau des Breitbandnetzes wird massiv gefördert.
  • Deutschlandweit werden 5,5 Mrd. Euro für den digitalen Ausbau in Schulen zur Verfügung gestellt. 372 Mio. Euro gelangen nach Hessen. Das Land Hessen hat sich verpflichtet den geforderten Eigenanteil von 10% auf 25% zu erhöhen, so dass knapp 500 Mio. Euro an die hessischen Schulen gelangen.
  • Die Verteilung der Gelder erfolgt nach Schülerzahlen. Das Geld bekommen die Schulträger. Es werden in Hessen 540 Euro pro Schüler/in gezahlt. Der Schulträger stellt Anträge, die sich auf die Förderung der Infrastruktur beziehen sollen und überwiegend keine Endgerätefinanzierung darstellen sollen. Maximal 20% dürfen für Endgeräte ausgegeben werden. Die Organisation nimmt der Finanzminister und der Hessische Kultusminister vor.
  • Ende 2019 startet das Förderverfahren. Ab diesem Zeitpunkt können Anträge gestellt werden. Die Antragsfrist in Hessen endet Ende 2021. Der bundesweite Endstichtag ist Mai 2022. Der Digitalpakt endet im Jahr 2024. Das Land Hessen hat sich zeitlich einen Puffer eingeräumt, damit Zeit für eine weitere Verteilung der Gelder bleibt, falls bis dahin nicht alles ausgeschöpft ist.
  • Wenn die Schulen bei ihren Schulträgern Anträge stellen, müssen sie einen Investitions-, Kosten- und Zeitplan vorlegen. Es muss eine pädagogische Begründung für die Anschaffung vorliegen: ein pädagogisch-technisches Einsatzkonzept.
  • Das Land Hessen bietet Unterstützung bei dem Prozess ein Medienbildungskonzept zu erstellen.
  • Der Bund fördert mit dem Digitalpakt die Ausstattung, für den Support ist der Schulträger verantwortlich. Dieser muss in jedem Antrag ein Supportkonzept nachweisen.

Vier Bausteine des Digitalpakts

Alle offiziellen Informationen findet man hier: https://digitale-schule.hessen.de/

Vier Bausteine werden mit dem Digitalpakt auf dem Weg zur digitalen Schule besonders unterstützt:

  1. Pädagogische Unterstützung: Die pädagogischen Ziele sowie die individuelle Förderung der Lernenden stehen im Vordergrund. Aufgrund der Bereitstellung von digitalen Medien sollen sich Unterrichtsmethoden ändern.
  2. Qualifizierung der Lehrkräfte: Es werden vermehrt Fortbildungsmaßnahmen angeboten, insbesondere e-learning Formate. Kooperationen mit Universitäten sind dabei angedacht.
  3. Medienkompetenz und Jugendschutz: „Die Schülerinnen und Schüler sollen im sicheren und kritisch-reflexivem Umgang mit digitalen Medien gefördert werden.“ (https://digitale-schule.hessen.de/allgemeine-informationen/programm). Peer to Peer education, wie es zum Beispiel bei den Digitalen Helden erfolgt, soll vermehrt unterstützt werden. Nähere Informationen gibt es hier: https://digitale-helden.de/
  4. IT-Infrastuktur: Breitbandausbau und Wlan an allen Schulen. Es soll in ganz Hessen ähnliche Bedingungen geben und nicht abhängig vom Schulträger sein, wie die technische Ausstattung vorhanden ist. Mindeststandards wird vom Hessischen Kultusministerium festgelegt.

Was bedeutet das für die einzelne Schule?

Ein Medienbildungskonzept muss her. Ein allgemeingültiges gibt es nicht, wird es auch nicht geben. Jede Schule soll sich auf den Weg machen, um ein individuelles Medienbildungskonzept zu schreiben.

Schreiben und zum Leben erwecken! Das ist ein Prozess, der sicherlich viele Höhen und Tiefen beinhaltet. Er muss Fehler zu lassen, Lehrer/innen in Bewegung setzen und könnte eine gute Möglichkeit sein, Unterrichtsfächer zu vernetzen.

Schrittweise die Vision zum Leben erwecken.

Situation in vielen Schulen

Das Plakat stellt unten links die aktuelle Situation in vielen Schulen dar. Die Lernende haben verschiedene Lehrer, die ihre Unterrichtsinhalte laut dem Lehrplan vermitteln. Digitale Medien werden nach Vorlieben des Lehrers genutzt. Vielleicht schaut sich ein Lehrender mit den Lernenden die Optimierung der Suche in Suchmaschinen an, vielleicht werden auch Audios oder Videos als Lernprodukte erstellt, vielleicht arbeiten sie mit einer Lernplattform und einem E-Portfolio. Ob, wie und in welcher Intensität diese Inhalte vermittelt und geübt werden, bleibt lehrerabhängig.

Wenn ein weitere Lehrer mit der gleichen Lerngruppe auch ein E-Portfolio erstellen muss, muss er erst einmal in Erfahrung bringen, was die Lernenden bereits alles wissen und was sie bereits alles in, mit und über das E-Portfolio erfahren und gemacht haben.

Wie wäre es, wenn die Lehrenden genau wüssten, welche Einführung ins E-Portfolio bereits erfolgte? Dann könnte man seinen Unterricht danach ausrichten und für die Lernenden die Inhalte effektiver gestalten.

Ein Medienbildungskonzept soll die Inhalte der Medienkompetenzen festlegen, soll es schaffen, dass Medienbildung von Sicht der Schülerinnen und Schüler geschieht. Das bedeutet lehrerunabhängig. Es ist egal, welcher Lehrer die Schüler unterrichtet. Die Medienbildung erhalten sie in ihrer Zeit an der Schule. Wir müssen uns auf den Weg machen, die lückenhaften vom goodwill des Lehrers abhängige Inhalte zu systematisieren und aufzubereiten.

Mögliche Schritte zur lebendigen Medienbildung

Geschrieben ist ein Medienbildungskonzept relativ schnell. Es zum Leben zu erwecken, ist ein Prozess, der nicht ganz so einfach sein wird. Die Kultusministerkonferenz hat einen Praxisleitfaden zur Bildung in der digitalen Welt mit sechs Kompetenzbereichen festgelegt. Ich würde empfehlen, diese im ersten Schritt auf die jeweilige Schulform hin zu überprüfen und folgende Fragen zu beantworten:

  • Welche Kompetenzen gelten als Mindeststandard für die Lerngruppe?
  • Welche Medienkompetenzen müssen die Lernenden nach Verlassen unserer Schule erreicht haben?

Als zweiten Schritt müssen diese Medienkompetenzen strukturiert werden.

Wer macht bereits was in welchem Fach hinsichtlich der Medienbildung? Eine Sammlung des Status Quo muss erfolgen.

Diese Projekte oder Unterrichtseinheiten sollten in Form von Modulbeschreibungen kurz festgehalten werden. Dadurch erreicht man hoffentlich eine notwendige Transparenz und einen Überblick. Vielleicht ergeben sich dadurch Anknüpfungspunkte, um gemeinsam in verschiedenen Fächern Medien-Projekte zu kreieren oder aufeinander aufbauende. Neue Kolleginnen und Kollegen, die in den kommenden Schuljahren in dieser Schulform, Klasse eingesetzt werden, könnten darüber hinaus gute Ideen finden, was sie zur Medienbildung beitragen kann.

Und schon sind wir beim nächsten Schritt: Das Spezialwissen sollte in der Schule gesichert werden. Projektbeschreibungen dienen sicherlich als Hilfestellung, aber diese mit Inhalten anzureichern, wäre sinnvoller.

Ein Beispiel: Erklärvideos erstellen werden immer häufiger als Lernprodukte eingesetzt. Die Lernenden haben sehr unterschiedliche Vorkenntnisse über die Erstellung von Erklärvideos. Dazu könnte ein e-learning Kurs aufgebaut werden, der individuell für alle Lernende, Schüler wie Lehrer, als Fortbildung dienen kann.

Das Spezialwissen der Lehrer muss in der Schule gesichert werden. Lehrende lassen sich versetzen, fallen durch Krankheit oder Elternzeit länger aus oder gehen in Pension und ihr Spezialwissen nehmen sie mit. Es sollte einen zentralen Ort geben, wo das Spezialwissen für alle Kolleginnen und Kollegen sowie für Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stehen würde.

Und dann? Wie sieht der nächste Schritt aus? Sicherlich muss dann evaluiert, modifiziert und alles neu gedacht werden. Ein spannender Prozess! Wie seid ihr dabei, euer Medienbildungskonzept zum Leben zu erwecken?

Unterschrift Anne

Inspirierendes Zitat*

* = Darf gerne kopiert, verwendet und geteilt werden :-)

Zitat Schule
Zitat teilen